Gräber

Die hier gemachten Angaben beziehen sich vor allem auf die Begräbnisse von Zwangsarbeiter*innen im Westen der Stadt Wittenberg, welcher Hauptstandort des NS-Lagersystems im Zusammenhang mit der lokalen Rüstungsindustrie war.

Bereits kurz nach der Einrichtung der Zwangsarbeiterlager ab 1939 kam es zu ersten Todesfällen. Die Verstorbenen wurden zunächst auf den kommunalen Friedhöfen beigesetzt, z.B. auf dem alten Friedhof an der Dorfkirche von Apollensdorf.

Eine Dorfbewohnerin erinnert sich, eines Morgens vier weibliche Häftlinge (vermutlich aus der Frauenabteilung des Strafgefangenenlagers „Elberegulierung“ Griebo) auf dem Friedhof beobachtet zu haben. Begleitet von Aufseherinnen zogen sie einen Karren mit einer roh gezimmerten Holzkiste. Am offenen Grab auf der Westseite des Friedhofs ließen sie die Kiste hinab. Eine der Frauen kniete nieder und begann zu beten, die anderen sangen leise mit. Eine Aufseherin pfiff schrill, befahl der Frau aufzustehen und sich an den Wagen zu stellen. Dort musste sie stehen bleiben, während die anderen das Grab zuschaufelten. Die Grabstelle blieb anonym – ohne Kreuz, ohne Namen.



Für das Strafgefangenenlager „Elberegulierung“ Griebo sind Fälle belegt, in denen die Familien verstorbener Häftlinge die Möglichkeit erhielten, die Leichname abzuholen oder gegen Gebühr Urnen anzufordern. Es wird angenommen, dass diese Praxis mit dem Fortschreiten des Krieges eingestellt wurde.

Hier zu sehen ist die damalige Leichenhalle von Apollensdorf. Die Situation wurde heimlich von einem tschechischen Vater fotografiert, der an diesem Tag im Jahr 1943 seinen toten Sohn heimholte.


Bildquelle 1: Městské muzeum a galerie Polička, Historická sbírka Hf 694, URL: https://cbmpolicka.cz/cz/sbirky/historicka-sbirka/6353-veznice-griebo

Bildquelle 2: Th. Keller






Bildquelle: Kreisarchiv Wittenberg



Johanna Hohaus und Andreas Keller, 08.10.2025